So bleiben Sie konzentriert

Unser Know-howLesedauer: ca. 3 Minuten

Ein Mangel an Konzentration kann viele Gründe haben, weiß Lerncoach Roland Schwalm. Die gute Nachricht: Die eigene Aufmerksamkeit lässt sich verbessern.

Wie lange gelingt es Ihnen, sich auf bestimmte Aufgaben zu konzentrieren? „Unsere Aufmerksamkeitsspanne hat sich in den letzten Jahren immer weiter verkürzt“, sagt Lerncoach Roland Schwalm. Einen wichtigen Grund dafür sieht der Experte in der vermehrten Nutzung der sozialen Medien. Kurze Videos, schnelllebige Trends, einfach zu konsumierende Inhalte: „Wir sind inzwischen so konditioniert, dass wir ebendiese kurzen Dopamin-Einheiten brauchen, um unseren Körper zu aktivieren und uns freudig zu fühlen“, erklärt er.

Was lenkt uns ab?
Neben der allgemein verkürzten Aufmerksamkeitsspanne stehen häufig Ablenkungen unserem Lernerfolg im Weg. „Wir Menschen sind nicht für Multitasking ausgelegt“, so der Lerncoach. Die schnelle Chatnachricht während des Lernens, das Smartphone als „Second Screen“ beim Fernsehen – all diese Dinge sorgen dafür, dass wir uns auf unsere eigentliche Tätigkeit nicht mehr konzentrieren können. „Es ist besser, verschiedene Dinge sequenziell abzuarbeiten – und das gilt auch für das Lernen.“ Auch zu viel Perfektionismus kann dem Lernerfolg im Weg stehen: „Sich selbst stetig zu fragen, was man denn nun noch verbessern könnte, führt zu Gedankenspiralen, die vom großen Ganzen, dem eigentlichen Ziel, ablenken“, erklärt Schwalm.

Gelernte Hindernisse
„Je nachdem, wie gut Körper und Gehirn versorgt sind, gibt es Unterschiede bei der Konzentrationsfähigkeit“, so der Lerncoach. „Vitamine, Mineralstoffe, ausreichend Bewegung: All diese Faktoren spielen eine Rolle, wenn es darum geht, wie gut wir uns konzentrieren können. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sich einen Mangel an Konzentrationsfähigkeit selbst einzureden“, weiß Schwalm. „Negative Glaubenssätze aus der Kindheit, etwa dass man sich generell schlecht konzentrieren könne, halten sich häufig bis ins Erwachsenenalter“, erklärt er. Sich von solchen Vorurteilen freizumachen, sei ein wichtiger Schritt zu effektiverem Lernen.

Selbstanalyse als ersten Schritt
Um herauszufinden, wie sich Ablenkungen vermeiden lassen, hilft eine Selbstanalyse. „In meinem Webinar bei der SGD mache ich oft eine Übung“, erklärt Schwalm. „Dabei nimmt man sich ein Blatt Papier und schreibt über ein paar Tage auf, was einen ablenkt – und wie oft das passiert.“ Seiner Erfahrung nach gibt es drei Ablenkungsfaktoren, die besonders häufig auftreten: auf Platz eins das Smartphone, gefolgt von den eigenen Gedanken. „Sie kreisen oft um Probleme oder Sorgen und stehen so unserer Konzentration im Weg“, so Schwalm. Auf dem dritten Platz stehen Ablenkungen aus der Familie – etwa Kinder oder Haustiere, die sich Aufmerksamkeit wünschen.

Eine Liste der eigenen Ablenkungen und deren Häufigkeit kann dabei helfen, sich besser davor zu schützen. „Hat man sie erstellt, sucht man sich zwei bis drei häufige Ablenkungen aus und versucht, diese zu eliminieren“, erklärt der Lerncoach – mahnt aber zur Zurückhaltung: „Wenn man zehn verschiedene Punkte gleichzeitig abarbeiten will, wird das meistens nichts.“

Was steigert unsere Konzentrationsfähigkeit?
Konzentrations- oder Achtsamkeitsübungen können dabei helfen, die Aufmerksamkeitsspanne zu verlängern. „Ich kann zum Beispiel für ein bis zwei Minuten tief durchatmen und so meine Aufmerksamkeit wieder auf mich selbst lenken“, verrät Schwalm. Auch gebe es Übungen, um Konzentration und Fokus zu trainieren, etwa indem man in einem Text bestimmte Buchstaben markiert.

Eine der größten Herausforderungen, gleichzeitig aber auch eine große Hilfe, könne es sein, „das Smartphone ab und zu wegzulegen“, so der Lerncoach. Am Lernort habe es grundsätzlich nichts zu suchen – ebenso wenig wie etwa der Stapel unbezahlte Rechnungen, der sich auf einigen Schreibtischen wiederfinden dürfte. „Der Lernplatz sollte so gestaltet sein, dass die volle Aufmerksamkeit dem Lernstoff gilt“, mahnt Schwalm.

Wie lange können wir konzentriert lernen?
„Ein grober Richtwert ist, dass man nicht mehr als sechs Stunden Lernzeit pro Tag einplanen sollte“, weiß der Experte. „Dabei ist es enorm wichtig, regelmäßig Pausen zu machen, um die Konzentrationsfähigkeit zu erhalten. Auch für die Verarbeitung der aufgenommenen Informationen sind sie essenziell“, erklärt der Lerncoach. „Wenn wir Informationen aufnehmen, braucht unser Gehirn Zeit, um diese zu verarbeiten. Lernen wir zwei, drei oder vier Stunden am Stück durch, funktioniert das nicht.“

Pausen können Sie passiv – also mit Nichtstun – verbringen, aber auch aktiv, indem Sie etwa ein wenig umhergehen, den Hund ausführen oder einige sportliche Übungen einflechten. Der Motivationsexperte erklärt: „Beide Varianten bringen gleich viel – Bewegungsmuffel müssen also kein schlechtes Gewissen haben. Das Coole, das viele ein bisschen unterschätzen: Wenn man eine kurze Pause gemacht hat, fühlt man sich erholter. Das ist ein gutes Gefühl, das das persönliche Wohlbefinden und die Motivation steigert.“

Die eigenen Bedürfnisse beachten
Doch wann sollte man die erste Pause einbauen? „Hier ist die individuelle Aufmerksamkeitsspanne ausschlaggebend. Für manche ist die erste Pause nach 45 Minuten sinnvoll, für andere erst nach anderthalb Stunden.“ Für den Fall, dass die Konzentrationsfähigkeit einmal besonders gering ist, rät Schwalm zu Mini-Pausen: „In kleineren Intervallen einfach mal zwei Minuten aufstehen, sich bewegen und danach wieder konzentriert weiterlernen.“

Eine Ausnahme gebe es jedoch, so der Experte: den sogenannten Flow-Zustand. „Ich persönlich mache keine Pausen, wenn ich in diesen Zustand der vollkommenen Konzentration komme“, erzählt er. Nur, wenn es ihm an Aufmerksamkeit mangele, nutze er Pausen, um den Fokus wiederzuerlangen.

Rituale fördern die Konzentration
Nicht nur beim Lernen, sondern in praktisch allen Lebensbereichen seien Rituale sehr nützlich, so Schwalm: „Bei Sachen, die wir immer wieder machen, kommen wir automatisch in einen bestimmten Zustand. Ein fester Lernplatz oder ein Ritual vor dem Lernbeginn – etwa eine Tasse Kaffee oder Tee – können hilfreich sein, um die eigene mentale Stabilität zu erhöhen.“

Auch das Arbeiten in Gruppen kann ein solches Ritual sein – und ist noch aus einem anderen Grund förderlich für die Aufmerksamkeit. So heißt es etwa in dem Buch Neurodidaktik. Grundlagen und Vorschläge für gehirn-gerechtes Lehren und Lernen: „Das Gehirn ist sozial. Schüler lernen effektiver, wenn in den Lernprozess soziale Interaktionen einbezogen werden.“ Das Lernen fällt in sozialen Gruppen also leichter – und der Lerncoach ergänzt: „vorausgesetzt, man hat gleichgesinnte Partner:innen, die sich nicht ablenken lassen.“

Gibt es eine Patentlösung zum Ablenkungsschutz?
Die Antwort lautet: Ja und Nein. Der Schlüssel liege, so Schwalm, in der Bewusstwerdung über die eigenen Ablenkungsfaktoren – aber auch über Dinge wie die Tageszeit, zu der man selbst am effektivsten arbeite. Eine nützliche Erkenntnis hierzu sei, dass sich durch gezieltes, konzentriertes Lernen viel Zeit einsparen lasse: „Wenn ich diszipliniert für drei Stunden lerne, nützt mir das mehr, als wenn ich sechs Stunden vor meinem Lernstoff sitze, dabei aber ständig abgelenkt bin.“

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Redaktion-SGD


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