Lerntypen

In seinem Buch „Denken, Lernen, Vergessen (aktualisierte Auflage 1998) beschreibt Frederic Vester vier verschiedene Typen nach der Art, wie sie Wissen bevorzugt aufnehmen. Lernpraktiker halten diese Einteilung für sehr hilfreich bei der Wahl der eigenen Lernmethoden und Lernstrategien. Viele Ratgeber basieren auf dieser Einteilung. Lernpsychologen kritisieren Vesters Lerntypen hingegen als unwissenschaftlich und oberflächlich. Die Lerntypentheorie sei vordergründig sehr einleuchtend, aber unbelegt durch Studien. Bei Vester sei lediglich die Informationsaufnahme berücksichtigt. Der Lernprozess umfasse jedoch wesentlich mehr: das Vorwissen des Lernenden, die Organisation des Lernens, die Motivation und Konzentration sowie die Reflexion über das Lernen.

 

Die vier Lerntypen nach Vester

Vester beschreibt individuelle Unterschiede beim Aufnehmen, Zusammenführen und Speichern von Lernstoff. Abhängig von ihren bevorzugten „Wahrnehmungskanälen“ teilt er die Lernenden in diese vier Typen:

  1. auditiver Typ: bevorzugt Lernen durch Hören und Sprechen
  2. optisch-visueller Typ: bevorzugt Lernen durch Sehen bzw. Beobachten
  3. haptisch-kinästhetischer Typ: bevorzugt Lernen durch Anfassen und Fühlen
  4. kognitiv-intellektueller Typ: bevorzugt Lernen durch Lesen und Denken

 

Die meisten Menschen sind nach Vester und seinen Nachfolger:innen Mischtypen. Dennoch können Zuordnungen zu einem oder mehreren Lerntypen hilfreich sein. Im Internet gibt es verschiedene Tests, um den eigenen Lerntyp zu ermitteln und die passenden Lernstrategien zu finden (siehe unten).

 

Weitere Lerntypen-Modelle:

 

Lerntypen nach Schrader

J. Schrader forschte zur beruflichen Weiterbildung für Erwachsene und entwickelte fünf Lerntypen:

  1. Theoretiker:innen lernen gern und sind sowohl an praktischer Anwendung als auch an theoretischen Grundlagen interessiert.
  2. Anwendungsorientierte probieren gerne aus und fragen, was sie mit den Inhalten anfangen können.
  3. Musterschüler:innen lernen lieber angeleitet als eigenständig, sind ehrgeizig und fleißig.
  4. Gleichgültige lernen nicht gerne und auch nicht mehr, als sie unbedingt brauchen.
  5. Unsichere sind von Angst begleitet, wenn es um Lernen geht, brauchen Druck und Einsicht, warum sie etwas lernen sollen.

 

Lernstile nach Kolb

Die vier Lernstile nach dem amerikanischen Psychologen David Kolb beruhen auf seinem Modell des erfahrungsbasierten Lernens: Lernen findet innerhalb eines Lernzyklus in vier Schritten statt:

            1. „Diverging“ = konkrete Erfahrung,

            2. „Assimilating“ = Beobachtung und Reflexion,

            3. „Converging“ = abstrakte Begriffsbildung, Benennung des Problems und

            4. „Accomodating = aktives Experimentieren. 

Dieser Zyklus wird immer wieder durchlaufen und die Lernerkenntnisse sollen dabei wachsen.

Auf die Reflexion über den Lernprozess selbst übertragen, könnte der Lernzyklus so aussehen:

  • Ich arbeite an meinem Lernpensum,
  • ich überprüfe, ob ich gut und effektiv gelernt habe,
  • ich ziehe eine Schlussfolgerung aus meinem Nachdenken,
  • ich ändere mein Lernverhalten entsprechend,
  • ich arbeite nun besser an meinem Lernpensum.

 

Eine Skizze für visuelle Lerntypen würde so aussehen:

 

Kolb weist seinen vier Schritten vier Lernstile bzw. Lerntypen zu:

  1. Diverging entspricht den Entdecker:innen: Sie bevorzugen konkretes Tun sowie reflektiertes Beobachten.
  2. Assimilating entspricht den Denkende: Sie bevorzugen Beobachten und Reflexion sowie abstrakte Begriffsbildung.
  3. Converging entspricht den Entscheidenden: Sie bevorzugen abstrakte Begriffsbildung und auch Experimentieren.
  4. Accommodating entspricht den Praktiker:innen: Sie bevorzugen aktives Experimentieren und konkrete Erfahrung.

 

Welcher Lerntyp sind Sie?

Im Internet finden Sie verschiedene Tests, die zum großen Teil auf den vier Lerntypen nach Vester beruhen. Je nach Lerntyp variieren die persönlichen Fähigkeiten des Lernens:

1. Der auditive Lerntyp:

Sie können sehr gut auch längere Zeit konzentriert zuhören. Mündliche Erläuterungen Ihrer Lehrkraft oder Lernpartner:innen helfen Ihnen mehr als Grafiken und Bilder. Sie brauchen nur wenige Notizen, um sich Inhalte einzuprägen.

2. Visuelle Lerntypen:

Sie bevorzugen die optische Wahrnehmung und lernen am besten mit Grafiken, Diagrammen, Bildern und Videos. Sie finden Schaubilder oder schematische Darstellungen hilfreich. Ihre Notizen enthalten häufig Symbole und Skizzen. Eine gesten- und bildreiche Sprache der Lehrkräfte erleichtert es Ihnen, dem Unterricht zu folgen.

3. Haptisch-kinästhetische (auch motorische) Lerntypen:

Sie lernen am besten, wenn Sie etwas mit Ihren Händen tun können. Es erleichtert Ihnen das Verstehen von Zusammenhängen. Selbst bei abstrakten Aufgaben bringen Ihnen Übungen, beispielsweise Rollenspiele, bessere Lernerfolge.

4. Kognitiv-intellektuelle Lerntypen:

Sie eignen sich hauptsächlich Wissen durch intensives Nachlesen und Nachdenken an.

 

Die Nachfolger:innen Vesters haben, basierend auf seinen Ideen, noch einen fünften Lerntyp beschrieben:

5. Kommunikative Lerntypen:

Sie brauchen Gespräche oder Diskussionen in kleinen Gruppen und können sich den Lernstoff so besser merken. Ihnen fällt es auch nicht schwer, sich mit eigenen Präsentationen aktiv in den Unterricht einzubringen.

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Lernen nach Schrader

So hilft Ihnen die Einteilung von Lerntypen nach Schrader beim effektiven Lernen:

  • Wenn Sie ein „Theoretiker“ sind, können Sie sich entspannt zurücklehnen bzw. gleich an die Arbeit gehen – Sie haben keine Probleme mit dem Lernstoff.
  • Wenn Sie ein „Anwendungsorientierter“ sind, lernen Sie am besten durch Ausprobieren. Schwierig wird es für Sie, wenn der Lernstoff abstrakt bleibt und die praktische Umsetzung fehlt. Lerntipp: Versuchen Sie, sich die Lerninhalte in Teilschritten zu konkretisieren: fertigen Sie Skizzen an, sprechen Sie mit anderen darüber und erklären Sie Ihren Mitlernenden den Lernstoff mithilfe eines Tafelbildes.
  • Wenn Sie sich in dem „Musterschüler“ wiederfinden, lernen Sie im Allgemeinen gut und arbeiten fleißig Ihre Lektion ab. Wichtig für Sie ist ein Ansprechpartner, der Ihre Nachfragen beantwortet und bei Verständnisproblemen hilft. Lerntipp: Akzeptieren Sie, dass es manchmal keine eindeutigen Lösungen bei Problemstellungen gibt. Suchen Sie sich eine Lerngruppe, bei der Sie nachfragen und sich über mögliche Schwierigkeiten austauschen können.
  • Sie gehören eher zu den „Gleichgültigen“? Dann arbeiten Sie an Ihrer Motivation! Lerntipp: Sie brauchen einen strukturierten Arbeitsplan, den Sie genau einhalten. Belohnen Sie sich dafür und denken Sie an Ihr Endziel. Mehr dazu unter „Effektives Lernen“.
  • Wenn Sie zu den „Unsicheren“ gehören, die sich nicht viel zutrauen, dann heißt es, durch kleine Lernschritte Erfolgserlebnisse aufzubauen und Selbstbewusstsein zu gewinnen. Auch hier gibt es weitere nützliche Hinweise unter „Lerntipps“.

Der wichtigste Schritt bei allen diesen Zuordnungen besteht darin, Ihr eigenes Lernverhalten in verschiedenen Lernsituationen zu reflektieren. So können Sie herausfinden, welche Lernmethoden Ihnen am besten liegen und wie Sie Ihren Lernstoff am effektivsten bewältigen. Fragen Sie sich daher:

  • Kann ich gut zuhören?
  • Brauche ich anschauliches Unterrichtsmaterial, um etwas besser zu verstehen?
  • Helfen meine Notizen mir wirklich beim Nachbereiten des Stoffs?
  • Muss ich etwas selbst ausprobieren, damit ich es mir besser merken kann?
  • Brauche ich den engen Austausch mit einem Lehrer und/oder mit Lerngruppen, um Lerninhalte wirklich zu verstehen?

Ihre Antworten helfen Ihnen, die geeigneten Lernmethoden und Hilfsmittel zum effektiven Lernen auszuwählen. Ihren Lernerfolg können Sie durch Reflexion nach dem Kolb’schen Lernzyklus überprüfen und verbessern.

 


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